5 Fragen an …
Danielle de Picciotto ist seit über zwanzig Jahren eine Vorzeigefigur der Berliner Kulturszene. Bekannt als Künstlerin, Musikerin und Filmemacherin war sie auch als Initiatorin immer damit beschäftigt neuen Ideen Raum zu geben. Zusammen mit Dr. Motte begründete sie 1989 die Love Parade, mit Gudrun Gut 1993 den Ocean Club, mit Dimitri Hegemann gestaltete sie den Tresor und vom Goethe Institute geschickt reiste Sie ab 1998 nach Bosnien, Hong Kong, Mexiko und Japan um ihre vielseitigen Projekte vorzustellen. Ihre Zeichnungen hängen im Auswärtigen Amt, ihre Malerei wird von Musiklegenden gesammelt, ihre Filme international auf Festivals gezeigt. Heute tourt Danielle de Picciotto mit ihrem Ehemann Alexander Hacke, dem Bassisten der Einstürzenden Neubauten, um die Welt und stellt ihre Projektionen und Musik in selbstiniziierten Bühnenshows einem internationalen Publikum vor.
Wann und wie kam die Verbindung zum Schwarzenberg e.V. zu Stande?
Ich kenne die Künstlergruppe Dead Chickens seit Ende der 80er Jahre. Mit Kai und Henryk habe ich eigentlich seitdem ich in Berlin lebe (1987) regen Austausch und wir haben unzählige Events und Ausstellungen zusammen auf die Beine gestellt. Mit Breeda CC habe ich in den 90ern öfters zusammen ausgestellt und fand ihren subversiven Humor immer toll. Bei den meisten Ausstellungen, die ich selber organisiert habe, war sie deswegen immer dabei. Hannes hat mir dann 2000 geholfen eine Bühnenkulisse für ein italienisches Theaterstück zu bauen und nachdem wir vier Wochen lang im Dead Chickens Studio zusammen geschweißt, geklebt, Pizza gegessen und Horrorfilme angeschaut hatten, waren auch wir Freunde geworden.
Als die Gruppe das Haus Schwarzenberg gründete, war ich begeistert und bin es bis heute. Die Mischung aus Galerie, Club und Monster Museum finde ich großartig.
Kannst Du etwas über die Stimmung erzählen, die damals in Mitte herrschte?
Die Stimmung in Mitte war in den 90ern anarchistisch und inspirierend. Überall gab es illegale Clubs, Bars und Parties die, liebevoll von Clubkünstlern dekoriert, wie bunte Blumen in einer Landschaft aus Schutt und Asche zu wachsen schienen. Der ehemalige Ostteil der Stadt war eine unbekannte Landschaft, die es zu entdecken galt und dies tat die Berliner Kunstszene ausführlich. Ein Paradies an leer stehenden Häusern offenbarte sich, perfekt für Ateliers, Studios, billige Wohnungen und Galerien. Es waren die letzten Jahre, in denen man mit wenig Geld viel Platz und Zeit hatte, in Ruhe an seiner Kunst oder Musik zu arbeiten. Ein unendlicher Output an Kunst wurde dadurch ermöglicht und strömte aus der Stadt. Von dem Ruf dieser Zeit lebt Berlin noch heute.
Wann hattest Du deine erste Ausstellung in der neurotitan Galerie?
Meine erste Ausstellung im Neurotitan war 2003 „Petshop“ zusammen mit der Comic-Zeichnerin Lillian Mousli. Meine Arbeiten bestanden größtenteils aus überlebensgroßen Holzmarionetten mit tätowierten Tierkörpern und Masken.
Was macht für dich das Besondere an Haus Schwarzenberg aus?
Das Besondere für mich an dem Haus Schwarzenberg ist die Begeisterung für jegliche Art von guter Kunst – ob akademisch oder Underground und deren unbeschränkte Unterstützung. Es gibt heutzutage wenige Kulturinstitutionen, die so viel mit so wenig finanzieller Unterstützung machen. Auch dass sie unbekannte, autodidaktische Künstler, ob jung oder alt, unterstützen und eine Plattform bieten, ist ungewöhnlich. Die Auswahl der Künstler bezieht sich nicht auf akademische Beziehungen sondern auf Kreativität, Zeitgeist und Individualität.
In der Zusammenarbeit mit dem Neurotitan oder dem Eschschloraque gibt es keine Hierarchien, jeder packt mit an, alle sind zuverlässig und freundlich. Es herrscht eine wunderbare Stimmung von „wir sitzen alle im gleichen Kunstboot“. Dies macht jede Zusammenarbeit zu einem wirklich interessanten Austausch.
Was hat sich in den letzten 15 Jahren verändert?
Das Leben in Berlin ist seit den 90ern schwieriger geworden. Finanzielle Unterstützung ist kaum vorhanden, die Mieten sind gestiegen und das Leben insgesamt viel teuerer. Berlin lebt von seinem kreativ Ruf, die meisten Künstler in der Stadt leben aber am Existenzminimum und können sich nur mit Nebenjobs über Wasser halten. Orte wie das Haus Schwarzenberg sind lebensnotwendig um Künstlern weiterhin die Möglichkeit zu geben, Ihre Arbeiten auszustellen und Geld mit Auftritten zu verdienen. Ohne diese Art von Kulturstätten würde der kreative Nährboden Berlins endgültig dem billig Tourismus und der „Flatrate“ Lebenseinstellung weichen müssen und kläglich verkümmern.
Hast Du einen Geburtstagswunsch für Haus Schwarzenberg?
Ich wünsche dem Haus Schwarzenberg einen schönen Geburtstag, ein langes Leben und viel Unterstützung, damit es in seinen alten Tagen auch noch kreativ walten kann.
<!–Danielle de Picciotto wird am 28. Oktober zusammen mit Alexander Hacke in der neurotitan Galerie den Vortrag „20 Jahre Berliner Kreativität“ halten.
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